Mistress America USA 2015 – 84min.

Filmkritik

Eine Perle

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Nach Frances Ha arbeiten Noah Baumbach und Greta Gerwig erneut zusammen. Zwei der interessantesten und aufregendsten Stimmen des neuen amerikanischen Independent-Kinos präsentieren mit Mistress America eine clevere, sehr vergnügliche Komödie, die vor allem eine Stärke hat: Sie ist so ungewöhnlich, dass das Leben sie schreiben könnte, aber so pointiert geschrieben, dass kaum ein Mensch wirklich derart zitierfähig reden könnte.

Tracy ist jüngst in New York angekommen. Sie studiert dort, aber nicht nur die Stadt, sondern auch die Menschen sind ihr fremd. Ihrer Mutter gegenüber beschreibt sie es so, als wäre sie auf einer Party, bei der sie niemanden kennt – und so fühlt sie sich ständig. Immerhin findet sie in Tony einen Freund, dessen eifersüchtige Freundin ihm jedoch auf Schritt und Tritt folgt. Dann lernt sie Brooke kennen, die schon bald ihre Stiefschwester sein wird, da ihr Vater Tracys Mutter heiratet. Brooke nimmt sich der jungen Frau an und zeigt ihr New York – und ein Leben, das davon bestimmt ist, den eigenen Träumen hinterherzujagen.

Für Baumbach ist Mistress America durchaus ungewöhnlich. Seine Filme neigen dazu, sehr strukturiert und bodenständig zu sein. Sie leben mehr von den Situationen als den Figuren, doch im Zusammenspiel mit Greta Gerwig, die man ohne Übertreibung als Königin des Independent-Kinos bezeichnen darf, wird aus einer Geschichte, die zu sehr in sich kehrend sein könnte, eine lockere, höchst amüsante Komödie. Sie schafft es, die sehr unterschiedlichen Figuren aufeinander stoßen zu lassen, was sich besonders im Mittelteil zeigt, als Brooke inklusive Anhang auf eine alte Liebe und eine Freundin stößt, die ihr ihren Traum gestohlen hat.

Mistress America fackelt ein Dialog-Feuerwerk ab, das seinesgleichen sucht. Schnell, auf den Punkt, immer wieder überraschend lebt der Film von einem charakterlich sehr unterschiedlichen Ensemble, das nicht zusammenpassen mag, aber gerade deswegen so wundervoll funktioniert.

Baumbach und Gerwig gelingt das Porträt der Millennial-Generation, das näher an der Realität ist als es in Baumbachs vorherigem While We’re Young der Fall war. Gerieten sie dort zur Parodie, weisen sie hier Wahrhaftigkeit auf – selbst bei Figuren wie Brooke, die mit ihren fast verrückten Ideen dennoch authentisch bleibt. Man mag sie. Wichtiger noch: Man kann sich vorstellen, eine Frau wie sie zu kennen.

Hier geht es um Optimismus, um das Verfolgen von Träumen, um die Ängste, ihnen nicht gerecht zu werden, aber auch um die Erkenntnis, dass Menschen nicht immer das sind, was sie gerne wären. Mistress America ist smartes Kino für ein anspruchsvolles Publikum.

14.04.2024

4

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Kommentare

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Barbarum

vor 6 Jahren

Nur wenn Gerwig an Baumbachs Drehbüchern gearbeitet hat, kann ich wirklich etwas mit seinen Filmen anfangen. Ich freu mich schon auf "Lady Bird" im Frühjar 2018, wo sie sich völlig von ihm emanzipiert und dann auch die Regie übernommen hat. "Mistress America" hat mich überzeugt. Auch wenn die Dialoge zum teil arg überkünstelt wirken, haben sie Tempo und Drive und sorgen für einen stimmungsvollen Film.Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 6 Jahren


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