Levante Brasilien, Frankreich, Uruguay 2023 – 99min.

Filmkritik

Thema verfehlt

Filmkritik: Kevin Pereira

«Levante», das Debüt der brasilianischen Regisseurin Lillah Halla, ist ein Spielfilm, dessen Intentionen in einem ständigen Missverhältnis zu seiner Machart stehen: Das Thema Abtreibung, das im Mittelpunkt des Films steht, ist begrüssenswert – um nicht zu sagen wertvoll oder notwendig -, wird hier jedoch einer unglaubwürdigen Behandlung unterzogen, die jede Form von politischem Anspruch zunichte macht.

Die 17-jährige Sofia (Ayomi Domenica) wird unerwartet schwanger und weiss nicht, an wen sie sich wenden soll, um Hilfe zu bekommen. Unter dem Schock der Nachricht erscheinen ihr weder ihr liebevoller Vater noch ihr treues Volleyballteam als geeignet, um sich anzuvertrauen. Als Sofia eines Nachmittags im Internet nach einer Klinik für eine illegale Abtreibung sucht, stösst sie auf die Seite eines Behandlungszentrums, wo sie einen kurzfristigen Termin vereinbart. Doch diese Entscheidung erweist sich schnell als Fehler.

Für das Publikum ist der Beginn des Films ein echtes Versprechen: Eine Gruppe von drei Teenagerinnen plant mithilfe von Verkleidungen einen Ladendiebstahl. Die klug montierte Sequenz mit wechselnden Perspektiven kündigt, ohne erhobenen Zeigefinder, die Komplexität einer doppelten Realität an, die zugleich grausam und leicht ist. Die Grausamkeit: der Diebstahl. Die Leichtigkeit: der Spass. Das Ergebnis: Trotz der Härte des Alltags lächeln die Mädchen weiter und amüsieren sich köstlich, was der Ungezwungenheit ihren wesentlichen Teil zurückgibt: Sie ist eine Antwort auf die Härte der Welt.

Doch die Regisseurin bricht dieses schöne Gleichgewicht: Von den beiden Komponenten, die es ausmachen, bleibt nur eine übrig - die Ernsthaftigkeit. Sobald die Handlung in Gang kommt - wird Sofias Schwangerschaft sie daran hindern, ihr Stipendium zu bekommen, das ihr den Einstieg in die Welt des Spitzensports ermöglicht? - verfällt der Film ins Oberflächliche, was ihn nicht nur vorhersehbar und mechanisch macht, sondern auch gegen den politischen Diskurs verstösst, den er eigentlich führen will. Mit anderen Worten: Die Regisseurin stellt den Druck, unter dem die junge Frau steht nicht ernsthaft dar, sondern löst ihn in einem völlig festgefahrenen Drehbuch auf, dessen zahlreiche Wendungen die quälende Künstlichkeit des Films belegen.

Der Film von Lillah Halla hat nicht nur ein schwaches Drehbuch, sondern auch eine mangelhafte Inszenierung. Nicht, dass der Film hässlich wäre, das Gegenteil ist der Fall: «Levante» ist in einer coolen Ästhetik gehalten, ein typisches Produkt internationaler Filmfestivals, das auf eine einfache Vermarktung ausgelegt ist. Elektronische Musik, stilisierte Beleuchtung, starke Metaphern und eine Kamera, die der Hauptdarstellerin im Nacken sitzt: Das sind alles Zutaten, die man inzwischen viel zu oft gesehen hat. Letztlich spielt das Thema Abtreibung leider keine Rolle mehr.

01.07.2024

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