Play Frankreich 2019 – 108min.

Filmkritik

Eine Liebeserklärung an die 90er

Noëlle Tschudi
Filmkritik: Noëlle Tschudi

Schnell ein lustiges Gif erstellt, rasch einen kurzen Film auf Youtube hochgeladen, beiläufig mal ein Foto von der letzten Party auf Instagram geteilt. Was aus dem Alltag vieler Teenager von heute kaum wegzudenken ist, mag im ersten Moment modern wirken, ist aber, wie die französische Komödie Play beweist, nichts Neues – nur etwas anders als früher.

Wir schreiben das Jahr 1993. Max ist 13 Jahre alt und bekommt seine erste Videokamera von den Eltern geschenkt. In den kommenden Jahren nimmt er alles auf, was ihm vor die Linse kommt: Seine Familie, Parties, Freunde, Geliebte, Erfolge und auch Misserfolge. Am Vorabend der grössten Entscheidung seines Lebens montiert er die Aufnahmen zu einem Film, woraus ein Portrait einer ganzen Generation wird – von den 90ern bis heute.

Der französische Regisseur Anthony Marciano legt mit Play ein Werk vor, dessen Konzept auf dem Papier neu, frisch und aufregend wirkt, auf Grossleinwand aber nicht in allen Punkten zu überzeugen vermag. Zwar gelingt es Marciano mit zahlreichen Aufnahmen, die Max und seine Freunde als Kinder, Teenager und Erwachsene zeigen, die Illusion einer von der Hauptfigur selbst gedrehten Dokumentation des eigenen Lebens stets aufrecht zu erhalten. Dies geschieht allerdings zu einem hohen Preis: Während die bewusst einfach gehaltenen Aufnahmen, die eine gewisse Amateurhaftigkeit versprühen sollen, zunächst durch einen originellen Ansatz punkten, ist dieser Zauber schon bald verflogen.

Zuweilen lassen die manchmal bunt gemischten, aneinandergereihten Videoausschnitte einen roten Faden sowie einen Spannungsbogen vermissen. Doch Play ist eben genau so wie das wahre Leben: Mit Höhen und Tiefen, Entscheidungen, die Jahrzehnte prägen können, manchmal gespickt mit trivialen Episoden, ein andermal nicht ganz so aufregend wie gewünscht. Diese Authentizität fernab von Hollywood-Liebesgeschichten, die zu perfekt wirken um wahr zu sein, ist zugleich aber auch die grösste Stärke des Films – und das, obwohl selbst die Macher von Play nicht auf die eine oder andere schicksalhafte Wendung verzichten, es dabei aber nicht zu zeigen versäumen, dass im Leben nicht immer alles nach Plan läuft.

Anthony Marcianos Geschichte über einen Menschen, der mit einer Kamera zahlreiche Momente seines Lebens festgehalten hat, hält oftmals unerwartete, dafür zum Schreien komische Szenen bereit. Den Schauspielern und Schauspielerinnen rund um Max Boublil sieht man mit Freuden zu. Zu verdanken ist dies sowohl ihrer ausnahmslos soliden Performance als auch Dialogen und Begebenheiten, die sich genau so im wahren Leben in den 90ern hätten zugetragen haben können – und dem einen oder anderen Zuschauer verdächtig bekannt vorkommen dürften.

Als Liebeserklärung an die 90er-Jahre, die Freundschaft und das Leben mit all seinen Unvorhersehbarkeiten hinterlässt die mit viel Schabernack und einer Prise Romantik versehene Komödie trotz eines vorhersehbaren Filmausgangs einen überwiegend positiven Gesamteindruck. In einer Welt voll von künstlich aufpolierten Liebesgeschichten wirkt Play durchaus erfrischend.

03.01.2020

3.5

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