Unter Kontrolle Kanada, Deutschland, USA 2008 – 93min.

Filmkritik

Wie der Vater, so die Tochter?

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Grelle Autoscheinwerfer huschen durch die besonders finstere Nacht, statt klassischer Filmmusik ertönt fiepender Lärm. Das kommt bekannt vor, und tatsächlich erscheint schnell der Name auf der Leinwand, der Cineastenherzen höher schlagen lässt: Lynch! Doch «Unter Kontrolle» wurde nicht von Regielegende David Lynch, sondern von seiner Tochter Jennifer inszeniert.

Die 40jährige, die einen Großteil ihrer Kindheit am Set von «Eraserhead» verbracht und darin sogar mitgespielt hat, hat sich für ihren zweiten Kinofilm (nach "Boxing Helena") einen vermeintlich konventionellen Plot ausgedacht: zwei FBI-Agenten, eine Handvoll Zeugen und die Jagd nach einem Serienkiller. Doch ganz so leicht kann es sich ein Lynch-Sprössling natürlich nicht machen, und so beginnt «Unter Kontrolle» zunächst einmal mit einem diffus gefilmten Mord, der den Zuschauer zwar gleich ordentlich schockt, aber ansonsten vor allem Fragen aufwirft.

Im nächsten Moment tauchen schon die Ermittler Anderson (Julia Ormond) und Hallaway (Bill Pullman), auf der Spur eines Serientäters unterwegs, in einem Polizeirevier irgendwo in der amerikanischen Provinz auf. Im Büro von Sheriff Billings sitzen dort ein fanatischer Cop (French Stewart), eine nervöse Drogensüchtige (Pell James) und ein verstörtes kleines Mädchen (Ryan Simpkins), die allesamt Zeugen eines grauenvollen Highway-Massakers geworden sind. Doch in den getrennt von einander abgegebenen Aussagen der dreien entdecken die abgeklärt-argwöhnischen FBI-Agenten allerlei seltsame Unstimmigkeiten.

Von Papa David hat sich Jennifer Lynch für ihren blutigen Thriller nicht nur die schmuddelige Düsternis und den dräuenden Sound abgeguckt, sondern mutmaßlich auch eine große Portion schwärzesten Humors vererbt bekommen, der in «Unter Kontrolle» voll zum Tragen kommt. Ein bitterböses Augenzwinkern durchzieht den Film, bei dem man nie genau weiß, ob er sich nun eigentlich über das Genre, die Protagonisten oder doch das Publikum lustig macht.

Das hätte womöglich gut funktionieren können, würde die Filmemacherin schon die gleiche intellektuelle Subtilität an den Tag legen wie ihr Vater. Doch Jennifer Lynch trägt lieber ein wenig dicker auf: in Sachen Blutrünstigkeit, bei Liebesszenen und nicht zuletzt in der Arbeit mit ihren Schauspielern, die sie hemmungslos und mitunter bis zur Schmerzgrenze chargieren lässt.

Das heißt nicht, dass «Unter Kontrolle» nicht auch überzeugende Momente hätte. Die dreckige Bildgestaltung ist ebenso stimmig wie die Musikauswahl, Spannung wird geschickt aufgebaut und der gewaltige Twist zum schonungslos konsequenten Ende weiß durchaus zu überraschen.

17.02.2024

3

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Kommentare

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movie world filip

vor 13 Jahren

sehr unbekannte film, aber prima... ach super pullman, die tochter von david kann es auch!!!


cineast2001

vor 16 Jahren

Nicht das dieser Film schlecht ist oder so!

Nein! Aber…..

Es ist das was man von einem Film dessen Regisseur(in) Lynch heißt erwarten kann. Die Charakterisierung der Figuren, die Story und das Ende ist wie nach einem Leitfaden "Wie drehe ich einen Film von David Lynch" Lektion für Lektion abgedreht!

Natürlich kann Jennifer Lynch als Tochter von David Lynch eine Hommage an ihren Vater drehen, aber es ist und bleibt schade, das Sie nicht aus dem Schatten ihres Vaters heraustreten kann und eigene Ideen und entwickelt und für sich selber einen eigenständigen weg findet.

Routiniert "kopiert" Sie den Stil ihres Vaters, sowohl bei den Charakteren als auch bei der Story. Für Fans von "David Lynch- Filmen" wird der Spaß aber nach 5 Minuten vorbei sein, weil diese dann wissen wer die Kriminellen wirklich sind.
Vor allem durch das "gezielte" Overacting von Bill Pullman und Julia Ormand wird schnell klar "wo der Hase läuft". Das geschulte Auge eines Lynch Fans erkennt sofort, woran sich das Pärchen verrät!

Zugegeben, die Story ist gradliniger und schnörkelfreier als bei den letzten Filmen ihres Vaters, vielleicht auch ein Verweis an dessen Zeit, als man seine Filme noch problemlos beim ersten mal verstand!

Fazit: Trotz des Aufgusses an den typischen Stilmerkmalen eines "Davis Lynch Films" hat Jennifer Lynch fleißig von ihrem Vater gelernt und abgekupfert und ist für "Lynch Fans" ein absolutes MUß!!
Trotzdem wünsche ich Jennifer Lynch, das Sie zu einem eigenen Stil findet ohne ihren Vater dauernd kopieren zu müssen. Aber warum eigentlich nicht, bevor seins schlechten Ideen verwirklicht, kann man dann auch besser mal auf altbewährtes zurück greifen!

Achtung: Hierbei handelt es sich nur um meine Meinung für die ich keine Gewähr(aber eine Flinte!) übernehme und die Haftung ausschließe!
Zu Risiken und Nebenwirkungen dieses Kommentars lesen Sie bitte die Filmkritik auf "cineman. ch" oder fragen Sie bitte an den Kassen Ihres Kinos oder "beschimpfen“ Sie den Regisseur, Darsteller und /oder ProduzentenMehr anzeigen


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